Recht, Sanierung

19. August 2025

Dr. Andreas Möhlenkamp

AG München zu den Bestä­ti­gungs­vor­aus­set­zun­gen eines umstrit­te­nen Restruk­tu­rie­rungs­plans (BayWa)

Grup­pen­bil­dung, Mitglied­schafts­rechte, recht­li­che und tatsäch­li­che (Un-) Gleich­be­hand­lung, Sanierungsstörer

Mit Beschluss v. 6. Juni 2025, Az. 1501 RES 337/25, bestä­tigte das Amts­ge­richt München als Restruk­tu­rie­rungs­ge­richt, § 34 Abs. 1 StaRUG, den umstrit­te­nen Restruk­tu­rie­rungs­plan zuguns­ten der BayWa AG, dem über 90% der mehr als 300 Finan­zie­rungs­gläu­bi­ger zuge­stimmt hatten. Das AG München beant­wor­tet zahl­rei­che Fragen für das noch junge Instru­ment des Restruk­tu­rie­rungs­plans, für den ähnli­che Grund­sätze wie im Insol­venz­plan­recht gelten. Aus dem Beschluss ist hervorzuheben:

  1. Der Vorstand der AG ist auch ohne Zustim­mung der Haupt­ver­samm­lung berech­tigt ein Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren zu bean­tra­gen, jeden­falls, wenn die Insol­venz sonst unab­wend­bar ist (vgl. AG Nürn­berg, Beschl. v. 21.6.2023, Az. RES 397/23; ähnlich OLG Stutt­gart, Beschl. v. 21.08.2024, Az. 20 U 30/24).
  2. Für die abstim­mungs­tech­nisch wich­tige Grup­pen­bil­dung – die nicht zwin­gend ist, § 9 Abs. 1 StaRUG („soweit“) – gelten weite Zuläs­sig­keits­gren­zen, solange die Grup­pen sach­ge­recht abge­grenzt und die Gläu­bi­ger inner­halb der Gruppe recht­lich gleich­be­han­delt werden. Auf eine tatsäch­li­che (Un-) Gleich­be­hand­lung als Folge der recht­li­chen Gleich­be­hand­lung kommt es nicht an. Ein Miss­brauch war offen­bar nicht dargelegt.
  3. Es sind in allen Grup­pen die erfor­der­li­chen ¾‑Mehrheiten zu erzie­len, § 25 Abs.1 StaRUG. Aller­dings kann die Zustim­mung der Anteils­eig­ner, die hier nicht gege­ben war, ersetzt werden, §§ 26 Abs. 1, 27 Abs. 1 StaRUG, wenn keine Über­kom­pen­sa­tion ande­rer Gläu­bi­ger statt­fin­det. Die Mitgliedschafts‑, hier: Aktio­närs­rechte können auch im Restruk­tu­rie­rungs­plan – wie im Insol­venz­plan, § 225a Abs. 2 InsO – voll­stän­dig entzo­gen werden, § 7 Abs. 4 StaRUG.
  4. Als Alter­na­tiv­sze­na­rio zum Restruk­tu­rie­rungs­plan kommt – bei entspre­chen­der Darle­gung – das (zerschla­gende Regel-) Insol­venz­ver­fah­ren in Betracht, nicht ein alter­na­ti­ves Restruk­tu­rie­rungs- oder Insol­venz­plan­sze­na­rio, das wohl auch nur hypo­the­tisch und damit schwer darzu­le­gen wäre. Die Anteils­eig­ner gehen dann regel­mä­ßig leer aus.
  5. Ein Wider­spruch und Einwen­dun­gen wegen (Bewer­tungs-) Mängeln des Restruk­tu­rie­rungs­plans sind im Erör­te­rungs- und Abstim­mungs­ter­min geltend zu machen, § 63 Abs. 2 Satz 3 StaRUG. Ein späte­rer Wider­spruch ist ausgeschlossen.

Beson­der­hei­ten erga­ben sich hier daraus, dass Ansprü­che aus einem frei­wil­li­gen Beitritt zu einer Sanie­rungs­ver­ein­ba­rung gewährt wurden, die unab­hän­gig vom Restruk­tu­rie­rungs­plan verein­bart worden war. Solche Ansprü­che, die außer­halb des Plans gege­ben werden, sind in die Beur­tei­lung des Plans nicht einzu­be­zie­hen. Das Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren kann also Sanie­rungs­stö­rer wirk­sam ausgren­zen. Der Inhalt der Sanie­rungs- (Sonder-) Verein­ba­rung wurde in der veröf­fent­lich­ten Entschei­dung nicht mitge­teilt. Umge­hun­gen und Miss­bräu­che sind denk­bar und ggfls. zu sank­tio­nie­ren. Hier hatten alle Finan­zie­rungs­gläu­bi­ger immer­hin ein glei­ches Wahl­recht, der Sanie­rungs­ver­ein­ba­rung frei­wil­lig beizutreten.

Schließ­lich: wenn die Schuld­ne­rin ein öffent­li­ches Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren bean­tragt, § 84 Abs. 1 StaRUG – der Antrag ist für die inter­na­tio­nale Aner­ken­nung des Bestä­ti­gungs­be­schlus­ses wich­tig, vgl. Möhlen­kamp, in: AGR, Insol­venz­recht, 5. Aufl., 2025, EuIn­sVO, Art. 52 Rz. 6 -, kann das Gericht den Beschluss veröf­fent­li­chen. Das AG München setzt sich zu Recht (vgl. Skauradszun/Böhning, NZI 2025, 577 ff.) über den enge­ren Wort­laut der §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 2 StaRUG hinweg („offen­sicht­lich ein Verse­hen des Gesetzgebers“).