Recht, Sanierung

10. Juni 2025

Dr. Andreas Möhlenkamp

BFH: Trotz posi­ti­ver Fort­füh­rungs­pro­gnose werden Unter­neh­men in der Krise staat­li­che Hilfen versagt

Recht­spre­chung des BFH wirkt krisenverschärfend

„In Schwie­rig­kei­ten“ sind Unter­neh­men nach dem euro­päi­schen Beihil­fen­recht immer dann, wenn sie – alter­na­tiv neben ande­ren Krite­rien – das halbe Stamm­ka­pi­tal verbraucht haben, vgl. Art. 2 Nr. 18 a) und b) AGVO. Die Rechts­folge: Unter­neh­men „in Schwie­rig­kei­ten“ dürfen keine staat­li­chen Förde­run­gen erhal­ten, die nicht einzeln von der EU-Kommis­sion geneh­migt wurden. Und zwar auch dann nicht, wenn andere Wett­be­wer­ber die Förde­rung erhal­ten, also etwa im Falle von ener­gie- und strom­steu­er­li­chen Ermä­ßi­gun­gen, die in Deutsch­land als Rege­lungs­bei­hil­fen ausge­stal­tet sind.

Der BFH meint, dass ein Unter­neh­men auch dann „in Schwie­rig­kei­ten“ ist, wenn es eine posi­tive Fort­füh­rungs­pro­gnose darle­gen kann (vgl. BFH, Urt. v. Urt. v. 07.10.2024, VII R 14–21). Damit sind „Schwie­rig­kei­ten“ deut­lich früher erreicht als eine insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung, für die die handels­bi­lan­zi­elle Über­schul­dung nur ein Indiz ist. Eine posi­tive Fort­füh­rungs­pro­gnose kann also zwar die insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung besei­ti­gen, § 19 Abs. 2 InsO, nicht aber die beihil­fe­recht­li­che Kapi­tal­schwä­chung, und zwar auch dann nicht, wenn die Über­schul­dung noch gar nicht einge­tre­ten ist.

Der BFH hat die Entschei­dung nicht dem EUGH vorge­legt. Das wäre wohl erfor­der­lich gewe­sen (vgl. dazu Möhlen­kamp, Bespre­chung zu BFH, Urt. v. 07.10.2024, VII R 14–21, EWiR 2025, 1723), zumal die Entschei­dung des BFH zu den „harten“ Krite­rien weit über das Ener­gie- und Strom­steu­er­recht hinaus­geht. Eine WARNUNG also an alle Banken, Steu­er­be­ra­ter, Rechts­an­wälte und Sanie­rungs­be­ra­ter: mit staat­li­chen Förde­run­gen darf in der Krise nicht mehr gerech­net werden.