Geschäftsführer haften aus Insolvenzverschleppung weiter – auch für solche Schäden, die nach ihrem Ausscheiden eintreten
Wer als Geschäftsführer sein Amt niederlegt, um nach einer erkannten Insolvenzreife die Sanierung oder die Insolvenz nicht antreten zu müssen, hat nichts gewonnen. Er haftet auch nach seinem Ausscheiden weiter und zwar auch für Schäden von solchen (Neu-) Gläubigern, die erst nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers mit der Krisengesellschaft in eine vertragliche Beziehung eingetreten sind. Das hat der BGH jüngst in einem Urteil entschieden (BGH, Urt. v. 23.07.2024, Az. II ZR 206/22, NZI 2024, 840 ff.).
Die Haftung gilt jedenfalls dann, wenn die durch die Amtspflichtverletzung geschaffene verschleppungsbedingte Gefahrenlage im Zeitpunkt der Schadensentstehung noch fortbesteht. Zwar entfallen mit seinem Ausscheiden die Organpflichten des Geschäftsführers. Aber nur ab dem Ausscheiden (“ex nunc”). Für bereits vorher eingetretene Pflichtverletzungen und die daraus entstehenden Schäden haftet der Geschäftsführer auch nach seinem Ausscheiden weiter. Neue Verträge können zum Schaden gehören, weil diese Verträge nicht abgeschlossen worden wären, wenn der Geschäftsführer seine Insolvenzantragspflicht wahrgenommen hätte (“keine Unterbrechung des haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhangs”). Dabei spielt es keine Rolle, dass auch die neuen Geschäftsführer die Insolvenz hätten beantragen können. Die unterschiedlichen Verursachungsbeiträge werden nur im Innenverhältnis der Geschäftsführer zueinander berücksichtigt. Die Haftung wird erst unterbrochen, wenn sich das Unternehmen nach dem Ausscheiden von der Krise erholt hat.
Geschäftsführern von Unternehmen in der Krise ist darum unbedingt zu raten, an Bord zu bleiben und das Ruder der Sanierung weiter selbst in der Hand zu halten. Wer sich auf die Sanierungsleistungen seiner Nachfolger verlässt, haftet für deren Scheitern.