Recht

23. Oktober 2024

Dr. Andreas Möhlenkamp

Keine Flucht aus der Geschäfts­füh­rer­haf­tung in der Krise

Geschäfts­füh­rer haften aus Insol­venz­ver­schlep­pung weiter – auch für solche Schä­den, die nach ihrem Ausschei­den eintreten

Wer als Geschäfts­füh­rer sein Amt nieder­legt, um nach einer erkann­ten Insol­venz­reife die Sanie­rung oder die Insol­venz nicht antre­ten zu müssen, hat nichts gewon­nen. Er haftet auch nach seinem Ausschei­den weiter und zwar auch für Schä­den von solchen (Neu-) Gläu­bi­gern, die erst nach dem Ausschei­den des Geschäfts­füh­rers mit der Krisen­ge­sell­schaft in eine vertrag­li­che Bezie­hung einge­tre­ten sind. Das hat der BGH jüngst in einem Urteil entschie­den (BGH, Urt. v. 23.07.2024, Az. II ZR 206/22, NZI 2024, 840 ff.).

Die Haftung gilt jeden­falls dann, wenn die durch die Amts­pflicht­ver­let­zung geschaf­fene verschlep­pungs­be­dingte Gefah­ren­lage im Zeit­punkt der Scha­dens­ent­ste­hung noch fort­be­steht. Zwar entfal­len mit seinem Ausschei­den die Organ­pflich­ten des Geschäfts­füh­rers. Aber nur ab dem Ausschei­den (“ex nunc”). Für bereits vorher einge­tre­tene Pflicht­ver­let­zun­gen und die daraus entste­hen­den Schä­den haftet der Geschäfts­füh­rer auch nach seinem Ausschei­den weiter. Neue Verträge können zum Scha­den gehö­ren, weil diese Verträge nicht abge­schlos­sen worden wären, wenn der Geschäfts­füh­rer seine Insol­venz­an­trags­pflicht wahr­ge­nom­men hätte (“keine Unter­bre­chung des haftungs­recht­li­chen Zurech­nungs­zu­sam­men­hangs”). Dabei spielt es keine Rolle, dass auch die neuen Geschäfts­füh­rer die Insol­venz hätten bean­tra­gen können. Die unter­schied­li­chen Verur­sa­chungs­bei­träge werden nur im Innen­ver­hält­nis der Geschäfts­füh­rer zuein­an­der berück­sich­tigt. Die Haftung wird erst unter­bro­chen, wenn sich das Unter­neh­men nach dem Ausschei­den von der Krise erholt hat.

Geschäfts­füh­rern von Unter­neh­men in der Krise ist darum unbe­dingt zu raten, an Bord zu blei­ben und das Ruder der Sanie­rung weiter selbst in der Hand zu halten. Wer sich auf die Sanie­rungs­leis­tun­gen seiner Nach­fol­ger verlässt, haftet für deren Scheitern.