Recht, Sanierung

28. Oktober 2024

Dr. Andreas Möhlenkamp

Restruk­tu­rie­rung statt Insol­venz: Gesell­schaf­ter­be­schluss ausnahms­weise entbehrlich

Treue­pflicht kann Blocka­de­ver­bot begründen

Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren nach dem StaRUG sind geeig­net, eine Unter­neh­mens­krise abzu­wen­den. Das Instru­ment ist noch jung (seit 1.1.2021). Wenn 75% der Gläu­bi­ger einem gründ­lich vorbe­rei­te­ten Restruk­tu­rie­rungs­plan zustim­men – ggfls. getrennt nach Grup­pen -, können Maßnah­men auch gegen den Willen der oppo­nie­ren­den Gläu­bi­ger ergrif­fen werden. Solche Maßnah­men sind etwa Erlasse, Kürzun­gen oder Stun­dun­gen von Schul­den. Wenn Stabi­li­sie­rungs- und Restruk­tu­rie­rungs­in­stru­mente genutzt werden sollen, ist dies beim Restruk­tu­rie­rungs­ge­richt anzu­zei­gen, § 31 StaRUG.

Umstrit­ten ist, ob die geschäfts­füh­ren­den Organe des Unter­neh­mens, also Vorstand oder Geschäfts­füh­rung, das Verfah­ren auch gegen den Willen der Mitglieder‑, Gesell­schaf­ter- oder Haupt­ver­samm­lung einlei­ten dürfen.

Das OLG Stutt­gart hat nun entschie­den, dass ein Gesell­schaf­ter­be­schluss jeden­falls dann entbehr­lich ist, wenn das Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren die einzige hinrei­chend erfolg­ver­spre­chende Alter­na­tive zum Insol­venz­ver­fah­ren ist (vgl. OLG Stutt­gart, Beschl. v. 21.08.2024, Az. 20 U 30/24).

Im Ausgangs­punkt ist die Einlei­tung eines Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­rens aber ein Grund­la­gen­ge­schäft, das der Zustim­mung der Gesell­schaf­ter bedarf. Das Gesell­schafts­recht und – allge­mei­ner – die Eigen­tums­ord­nung werden nicht dadurch ausge­he­belt, dass den geschäfts­füh­ren­den Orga­nen die Sanie­rung irgend­wie gebo­ten erscheint. Aller­dings dürfen die Gesell­schaf­ter nicht will­kür­lich blockie­ren. Sie sind jeden­falls aus der gesell­schafts­recht­li­chen Treue­pflicht gehal­ten, die Sanie­rung zu fördern. Eigen­nüt­zige Erwä­gun­gen müssen zurück­tre­ten. Ob dies unmit­tel­bar aus dem StaRUG oder aus der euro­päi­schen Restruk­tu­rie­rungs-Richt­li­nie oder aus der gesell­schafts­recht­li­chen Treue­pflicht folgt, ist nachrangig.